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„Die Pflicht, Werbung zu kennzeichnen, ist bei viel zu wenigen Instagramern angekommen“

Ein Interview von Laurent Noichl

Influencer sind für viele Jugendliche Vorbilder. Für Unternehmen sind sie vor allem Werbeträger. Der Mode-Blogger und Instagramer Thomas Lischka erzählt im Interview, wie er mit dieser Verantwortung umgeht und was im Influencer-Geschäft falsch läuft.

 

NJB: Der Unternehmer und Digitalisierungsexperte Ibrahim Evsan hat bei den Münchner Medientagen Folgendes gesagt: „Wenn wir Influencer Marketing mit einer Weltreise vergleichen, stehen wir gerade am Flughafen.” Siehst du das auch so?

Thomas Lischka: Das sehe ich genauso. Viele Leute in meinem Alter – aber auch ältere – haben gar keinen Fernseher mehr. Die meisten großen Firmen und Labels haben das Potential von Influencer Marketing bis zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht erkannt. In der nächsten Zeit denke ich, dass sie das erkennen werden und es zu einer Umverteilung ihres Marketingbudget kommen wird.

Wann hast du mit Instagram angefangen?

Wie lange es meinen Instagram-Account gibt, weiß ich gar nicht genau.  Angefangen hat es mit ein paar Selfies und dem ein oder anderen unlustigen Spruch. Vor circa drei Jahren haben mein Bruder und ich unsere Leidenschaft für die Fotografie entdeckt und angefangen, uns intensiver mit Mode auseinanderzusetzen. Diese Interessen haben wir versucht, in dem Instagram-Account “sorry_not_fame” zu verwirklichen.

Was gehört alles zu deiner Arbeit als Instagramer?

Social Media ist für mich nicht nur ein Hobby – ich verdiene damit ja auch Geld. Deshalb zählt für mich nicht nur das tägliche Scrollen auf Instagram dazu, sondern auch Bilder machen, Bildretusche und die üblichen Sachen für den administrativen Bereich wie beispielsweise Mails beantworten oder auch Meetings mit verschiedenen Kooperationspartnern.

„Ich würde mich nicht verstellen, um das ‚perfekte Vorbild‘ zu sein.“

 

Mit 77.000 Followern hast du eine große Reichweite. Wie groß schätzt du deinen Einfluss auf junge Menschen ein und wie gehst du mit dieser Verantwortung um?

Das soll jetzt nicht überheblich klingen, aber auch ich habe mir am Anfang Inspirationen von größeren Social-Media-Accounts geholt. Deshalb denke ich, dass ich einen größeren Einfluss auf junge Menschen habe, als man auf den ersten Blick vermuten würde. Dessen bin ich mir auch bewusst. Aber ich würde mich nicht verstellen, um das „perfekte Vorbild“ zu sein, denn ich will mich selbst verwirklichen und keine Person darstellen, die ich nicht bin.

Wie gehst du mit Werbung und Transparenz um? Kennzeichnest du Kooperationen mit Marken?

Die Pflicht, seine Werbung auf Instagram zu kennzeichnen ist für meinen Geschmack bei viel zu wenigen Bloggern angekommen. Selbst wenn man sich Blogger mit einer Abonnentenzahl im hohen sechsstelligen Bereich ansieht, gibt es viele, die ihre Werbung nicht kennzeichnen. Die Transparenz im Bereich Werbung ist mir persönlich sehr wichtig. Einerseits natürlich aus rechtlichen Gründen, andererseits möchte ich in diesem Bereich offen mit meiner Community umgehen. Ich finde es bei anderen Bloggern immer wieder amüsant zu sehen, auf welch skurrile Anfragen sie eingehen. Klar muss jeder Mensch seine Wäsche waschen, aber ich finde es ein bisschen lächerlich, drei gesponserte Posts ohne Kennzeichnung zu einem Waschmittel zu veröffentlichen.

„Wenn ich sage würde, dass ich die Aufmerksamkeit nicht genieße, würde ich lügen.“

 

Gibt es für dich einen moralischen Kodex im Bloggen?

Ich weiß nicht, ob es einen „Blogger-Kodex“ gibt. Falls dieser aber existiert, würde ich mich nicht daran halten. Ich folge meinen eigenen moralischen Vorstellungen. Aufgrund dieser Moralvorstellungen würde ich zum Beispiel niemals Replikate oder Fakes von Produkten in meinem Blog vorstellen.

Was ist deine Motivation, Influencer zu sein?

Wenn ich sage würde, dass ich die Aufmerksamkeit nicht genieße, würde ich lügen. Die eigentlichen Gründe, diesen Blog zu führen, waren aber von Anfang an, dass ich mich kreativ ausleben und meinem Interesse für Mode nachgehen wollte. Wenn ich dadurch noch andere Menschen inspirieren kann, gibt mir das einen noch größeren Ansporn, weiter zu machen.

In Instagram wird ja immer viel auf heile Welt gemacht. Geht es hinter den Kulissen anders zu?

Ich bin dafür bekannt, immer meine ehrliche Meinung zu sagen. Also kam es das ein oder andere Mal vor, dass ich mich öffentlich kritisch über andere Influencer oder Blogger geäußert habe.

Der Blogger und Influencer Thomas Lischka beschäftigt sich auf seinem Instagram-Account „sorry_not_fame“ mit Mode. | Fotos: Thomas Lischka, @sorry_not_fame

War dir von Anfang an klar, dass du Influencer werden willst oder hat sich das einfach so ergeben?

Am Anfang war es mir gar nicht so bewusst, dass man als Influencer Geld verdienen kann. Als ich eines Tages eine Anfrage von einem amerikanischen Label bekommen habe, bin ich wortwörtlich durch die Decke gegangen. Ich wusste gar nicht, dass sowas möglich ist.

Was für Social-Media Plattformen nutzt du?

Zusätzlich zu Instagram führe ich noch einen Youtube-Channel, um einen noch persönlicheren Kontakt mit meiner Community zu pflegen. Ich versuche, jeder Person zu antworten. Das wird von anderen Influencern meist nicht beachtet.

Schreiben dir viele “Fangirls”?

Meine Community besteht gerade zu circa einem Drittel aus Frauen und ich bekomme jeden Tag etwa 100 Nachrichten. Die Nachrichten sind aber fast ausschließlich von männlichen Followern, die in mir eine große Inspiration sehen oder auch Fragen im Bereich Mode haben.

Was sind deine drei Tipps für einen guten Instagram-Post?

Gute Bildqualität, Wiedererkennungswert und die Anregung einer Diskussion in den Kommentaren.

 


Dieser Beitrag entstand im Rahmen unseres Online-Workshops zum Thema „Vertrauen und Medien“ bei den Münchner Medientagen 2017. Bei dem Workshop lernten die Teilnehmer, wie man soziale Medien als Quellen nutzt und Informationen von dort verifiziert, wie man gute (Bewegt-)Bilder erstellt und wie man Inhalte am besten in den sozialen Medien verbreitet.