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Der Sportmarkt der Zukunft – Wer dabei sein will, muss zahlen?

Ein Beitrag von Chrestien Delonge

Sportfans müssen sich darauf einstellen, kaum noch Live-Sport im Free-TV zu sehen. Das Aufkommen neuer Streamingdienste im Internet, der Wechsel von Top-Sportevents zu den Bezahlsendern und der immer härtere Kampf um die Übertragungsrechte droht den öffentlich-rechtlichen und den frei empfangbaren privaten Sendern das Wasser abzugraben. Auf den Medientagen München 2017 sprachen Vertreter von Sky, Eurosport, Dazn und ProA Sport über die Zukunft des Sports, und welche Rolle ARD/ZDF und die sozialen Medien einnehmen werden.

Neue Player, neue Konkurrenz?

Auf dem jahrelang relativ unveränderten Sportrechtemarkt hat sich in den letzten beiden Jahren viel geändert. Nachdem Sky jahrelang mit dem Werbeslogan „Alle Spiele – Alle Tore“ über Jahre die Fußball-Bundesliga fest für sich beanspruchte, werden mit dem neuen Übertragungspaket ab dieser Saison erstmals einige Spiele bei Eurosport und Amazon Prime gezeigt. Sky sichert sich dafür von Sport1 die Rechte an der Handball-Bundesliga und überträgt dort alle Spiele in HD.

Auch Basketball und Eishockey sind mittlerweile aus dem frei empfangbaren Fernsehen verschwunden – sie laufen bei der Deutschen Telekom. Etablierte Pay-TV-Sender ziehen also mehr und mehr Übertragungsrechte an sich, während sich in naher Zukunft noch weitere starke Konkurrenten im Markt festsetzen könnten. Mit dem Streamingdienst DAZN der international tätigen Perform Group ist bereits ein enorm finanzstarker Wettbewerber in Deutschland eingestiegen.

Dr. Adrian Fikentscher (SportA), John Gleasure (DAZN), Markus Ottmer (ARD & BR), Peter Hutton (Eurosport), und Carsten Schmidt (Sky) im Gespräch über den Sportrechte-Markt 2017

Dieser konzentriert sich bisher vor allem auf den US-Sport, hat sich aber unter anderem schon in diesem Jahr Rechte an Highlights der Bundesliga und Sublizenzen für Live-Spiele der Champions League gesicher. Langfristig ist davon auszugehen, dass DAZN bei nahezu allen wichtigen Sportpaketen zumindest mitbieten wird. Auch durch den Eurosport-Player und den bevorstehenden Einstieg von Amazon wird der Übertragungsrechte-Markt umkämpfter werden.

Deutschland hinkt international hinterher

Dabei muss auch berücksichtigt werden, dass in Deutschland bisher ungewöhnlich viel Sport frei empfangbar ist. Carsten Schmid von Sky betonte auf den Medientagen München, dass in den meisten anderen Ländern Europas Pay-TV einen deutlich größeren Marktanteil besitzt. Der jetzige Trend sei demnach nur eine erwartbare Angleichung an internationale Märkte und kein ungewöhnlicher Vorstoß der Bezahlsender.

ARD und ZDF als Zulieferer für Pay-TV?

Eine auffällig große Rolle wiesen die Vertreter der Pay-TV-Angebote den öffentlich-rechtlichen Sendern zu. Auch wenn diese die Leidtragenden von steigenden Kosten für Sportrechte sind und in Zukunft wohl über deutlich weniger Live-Angebote verfügen werden, nehmen sie eine zentrale Rolle ein, wenn es um Reichweite und Verbreitung von Sportevents geht. So betonte Frank Bohrmann von der DKB Handball Bundesliga bei den Medientagen München 2017, dass die Highlights in der ARD trotz des Wechsels der Live-Spiele zu Sky eine Erhöhung der Reichweite generiert haben.

Frank Bohmann (DKB Handball Bundesliga) berichtete auf den Medientagen München vom Wechsel der Übertragungsrechte der DKB Handball Bundesliga zu Sky

Das sei nötig, um potenzielle Fans an den Sport heranzuführen und Interesse zu wecken, damit sie zukünftig bereit seien, für Live-Sport zu bezahlen. Das bestätigten auch Peter Hutton von Eurosport und Carsten Schmitt von Sky in einem anderen Panel auf der Veranstaltung.

ARD und ZDF fungieren letztlich als eine Art Zulieferer für das Pay-TV, da sie über den Informations- und Bildungsauftrag Sportarten fördern, die sie selbst nicht mehr live zeigen dürfen und sind so ein Teil des Marketing-Mixes. Die Sportverbände selbst wiederum spielen ihre Reichweiten und die Beliebtheit sowohl in den Öffentlich-Rechtlichen als auch im Pay-TV aus, um den Preis für die Übertragungsrechte in Verhandlungen mit den Pay-TV-Sendern zu steigern, so Bohmann.

 

Auch die App Snapchat nimmt im Kampf um Aufmerksamkeit eine wichtige Rolle ein: Diese nutzen sowohl die Sendeanstalten als auch die Sportverbände zunehmend. Über Live-Mitschnitte von Spielen, Statistiken, Highlight-Clips und Videos hinter den Kulissen nutzen sie die vielfältigen Möglichkeiten, um besonders mit jungen Sportfans zu interagieren und diese an sich zu binden. Ganz ohne freie Inhalte geht es also auch für die Pay-TV-Sender nicht, wer aber Spiele live und in voller Länge sehen möchte, wird sich darauf einstellen müssen, dafür in Zukunft zahlen zu müssen.


Dieser Beitrag entstand im Rahmen unseres Online-Workshops zum Thema „Vertrauen und Medien“ bei den Münchner Medientagen 2017. Bei dem Workshop lernten die Teilnehmer, wie man soziale Medien als Quellen nutzt und Informationen von dort verifiziert, wie man gute (Bewegt-)Bilder erstellt und wie man Inhalte am besten in den sozialen Medien verbreitet.